In Schöneberg und Tempelhof sind seit 2003 mehr als 550 Stolpersteine verlegt worden. Das Interesse steigt von Jahr zu Jahr. Immer mehr Paten und Initiativgruppen sind von dem Kunstwerk Stolperstein und dem Geschichtsprojekt überzeugt und erarbeiten im Vorfeld der Verlegungen die Biografien der deportierten und ermordeten ehemaligen Nachbarn. Viele Angehörige und Nachkommen von Opfern des NS-Terrors melden sich aus allen Teilen der Welt und möchten für ihre Angehörigen Stolpersteine legen lassen.
Wir – die Initiativgruppe Stolpersteine Stierstraße Friedenau – mussten nun erfahren, dass man in Tempelhof-Schöneberg seit diesem Frühjahr keine Stolpersteine mehr anmelden kann. Der Grund hierfür ist die offensichtlich kurz bevorstehende Beendigung der entsprechenden ABM-Stelle zur Koordinierung der Stolpersteine.
Dass diese Stelle nicht erhalten bleibt, ist umso unverständlicher, weil vor kurzer Zeit die Koordinierungsstelle für Berlin ausgeweitet wurde und weitere finanzielle Mittel für den Internet-Auftritt der Berliner Koordinierungsstelle (mit der Veröffentlichung der Biografien von bisher 5.000 Opfern) aufgewendet werden.
Die Öffentlichkeit und (nahezu) alle PolitikerInnen Berlins äußern sich positiv zu den Stolpersteinen und die Gedenk-Arbeit, die damit verbunden ist. Diese Arbeit – Recherchen, Kommunikation mit und Einladung von Angehörigen, Organisation der Übergabezeremonien – wird von den Paten ehrenamtlich geleistet – auch alle finanziellen Aufwendungen werden von den InitiatorInnen getragen.
Es kann nicht sein, dass Paten, die Stolpersteine anmelden wollen, auf Jahre hinaus vertröstet werden. Damit wird die mit den Stolpersteinen verbundene neue Gedenkkultur nachhaltig behindert. Einige Paten erwägen bereits, andere Formen des Gedenkens zu wählen, zum Beispiel durch das Anbringen einer Gedenktafel an ihrem Haus, andere geben ihr Vorhaben, Stolpersteine zu verlegen, ganz auf, da sie nicht jahrelang warten wollen! Wir hoffen, dass alle DemokratInnen, die sich in unserem Bezirk positiv und unterstützend zu dieser Art des Gedenkens der Opfer des Holocaust und der NS-Herrschaft äußern, sich aktiv dafür einsetzen werden, dass diese wichtige Koordinierungsstelle im Archiv Schöneberg erhalten bleibt beziehungsweise in eine unbefristete Arbeitsstelle umgewandelt wird.
In diesem Frühjahr sind mehrfach die Stolpersteine in Friedenau durch Übersprühen und Lackieren mit schwarzer Farbe geschändet worden, eines der Mitglieder unserer Initiativgruppe wurde bedroht und vor kurzem ist die Informationstafel, die an den jüdischen Architekten des Roxypalastes in der Rheinstraße erinnert, geschwärzt worden. Gerade jetzt also ist es wichtig, rechtsradikalen Übergriffen entgegenzutreten; und das können wir mit der Verlegung von Stolpersteinen und dem damit verbundenen Gedenken der Opfer des Nazi-Terrors.